Gleichstellung digital: mehr Anstrengungen – Horizonte öffnen

Bundeskonferenz der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Deutschlands fordert mehr Anstrengungen

Antje Biniek, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wolfsburg und rund 400 Kolleg*innen aus ganz Deutschland schalteten sich virtuell in Foren, Vorträge und Workshops zu, um sich über Digitalisierung unter dem Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit auszutauschen. Weitere Themen der Konferenz waren die Arbeitssituation der Pflegebranche, Gewalt gegen Frauen, die Notwendigkeit kostenfreier Verhütungsmittel und die Abschaffung der §§218 und 219a StGB – also der Strafbarkeit eines Schwangerschaftsabbruchs sowie des „Werbeverbots“ für Schwangerschaftsabbrüche.

Dass die Digitalisierung geschlechtergerecht gestaltet werden muss, findet auch Antje Biniek. „Der Digitalisierungsprozess zeigt immer noch starke Ungleichheiten und stereotypische Geschlechterrollen auf“, so Biniek. „Wichtig ist jetzt zu handeln und Diskriminierung abzubauen. Daher muss sich die Arbeits- und Unternehmenskultur in der Digitalwirtschaft verändern und Impulse für mehr Vielfalt setzen.“

Aktuelle Zahlen zeigen, dass der Handlungsbedarf groß ist:

Der Frauenanteil in der Digital- und Informatikbranche liegt bei lediglich 16 Prozent. Im Topmanagement sind Frauen in der Digitalbranche eine Seltenheit. Der Gender Leadership Gap liegt hier bei fünf zu eins.

Homeoffice und Care: Frauen und Männer weiten im Homeoffice ihre unbezahlte Sorgearbeit aus, allerdings Frauen stärker als Männer.

Der Teilzeitanteil von Frauen in IT-Berufen liegt bei 19 Prozent, bei den Männern bei fünf Prozent. (Durchschnitt bei anderen Berufen: Frauen bei 31 Prozent, Männer bei acht Prozent)

Nur ein Drittel aller Studienanfänger*innen in MINT-Fächern sind Frauen. Seit 20 Jahren hat sich der Frauenanteil in der Informatik nur um fünf Prozentpunkte auf 22 Prozent gesteigert.

70 Prozent aller Frauen im Internet haben bereits Bedrohungen und Beleidigungen erlebt. Digitale Gewalt hat fatale Folgen. 19 Prozent aller Betroffenen ziehen sich nach dem Erlebten aus dem Diskurs zurück.

Um Abhilfe zu schafften, muss Gleichstellungspolitik auf allen staatlichen Ebenen konsequent umgesetzt werden. Daher fordern die Gleichstellungsbeauftragten die Bundesregierung auf, die strukturelle Benachteiligung von Frauen abzubauen. So müssen neue Gesetze zu Homeoffice und mobilem Arbeiten die Diskriminierungseffekte auf Frauen systematisch ausschließen, Frauen in MINT-Berufen fördern, Zugänge zu Gründerinnenkapital erleichtern und Standards für die größtmögliche Selbstbestimmung über den wechselnden Arbeitsort festlegen.

Dazu besteht im digitalen Raum ein hohes Gefährdungspotential durch geschlechtsbezogene Gewalt und sexualisierte Belästigung. Daher fordern die Gleichstellungsbeauftragten eine systematische Berücksichtigung des Themas digitale Gewalt in Digitalisierungsprozessen, mehr Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt im Netz durch die Förderung und den Ausbau zivilgesellschaftlicher Initiativen und Projekte zu diesem Thema und den Aufbau von Kompetenzen und nachhaltigen Strukturen bei Polizei-, Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden sowie der Justiz.