Wenn Pflege an Grenzen geht

Wolfsburg stärkt Unterstützung für Menschen mit Demenz

Mit einer bewegenden Auftaktveranstaltung im Alvar-Aalto-Kulturhaus begann am Dienstag, 16. September, die Wolfsburger Aktionswoche zum Welt-Alzheimertag. Unter dem Motto Vielfalt erleben. Erinnerungen gemeinsam bewahren. standen vor allem die Stimmen der Angehörigen im Mittelpunkt, die ihre Familienmitglieder mit Alzheimer zu Hause pflegen.

Angehörige berichten von Belastung und Suche nach Orientierung Die persönlichen Schilderungen waren eindrücklich und vielfältig. Angehörige berichteten von den kleinen, aber gefährlichen Veränderungen im Alltag – „Da wird dann einfach der Herd angelassen, der halt vorher nicht angelassen wurde“ – und vom schleichenden Verlust der Kommunikation: „Ausfallerscheinungen münden dann in völliger Kommunikationslosigkeit.“

Andere schilderten, wie schwer es ist, rund um die Uhr Verantwortung zu tragen und gleichzeitig das Gefühl zu haben, allein zu sein. „Man muss mit den Menschen normal umgehen, auch wenn es schwierig ist, allein zu pflegen“, sagte eine Teilnehmerin. Viele berichteten zudem von der Einsamkeit, die entsteht, wenn Freunde oder Bekannte sich zurückziehen.

Immer wieder wurde auch die mühsame Suche nach passenden Angeboten angesprochen. Angehörige wünschten sich feste Anlaufstellen oder Lotsen, die Orientierung geben und den Weg durch die Vielzahl an Hilfen erleichtern. Ebenso stark klang der Wunsch nach Austausch und Entlastung an – nach Räumen, in denen Betroffene offen über ihre Situation sprechen können.

Fachlicher Impuls von Dr. Schuster

Einen wichtigen inhaltlichen Beitrag leistete Dr. Oliver Schuster, zweiter Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Gifhorn. In seinem Fachvortrag beleuchtete er aktuelle Erkenntnisse zum Krankheitsbild, ging auf Versorgungslücken ein und machte deutlich, wie entscheidend frühe Beratung, Enttabuisierung und regionale Netzwerke sind. Seine Impulse bildeten die Basis für die anschließende Diskussion.

Alzheimer-Gesellschaft als wertvolle Ergänzung Wolfsburg verfügt bereits über ein breites Netz an Beratungs-, Pflege- und Unterstützungsangeboten. Doch viele Angehörige betonten, dass sie sich eine zusätzliche Struktur wünschen, die die Angebote sichtbarer macht und ihre Anliegen bündelt.

Hier setzt die Idee einer Alzheimer-Gesellschaft Wolfsburg an – als eigenständiger Verein, unabhängig von der Stadt. Sie könnte eine wertvolle Ergänzung sein: als Stimme für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen, als Plattform für Selbsthilfe und als Motor für mehr Verständnis in der Stadtgesellschaft.

Eine solche Gesellschaft ersetzt keine bestehenden Strukturen, sondern ergänzt sie, indem sie Informationen zusammenführt, Austausch organisiert und die Interessen der Betroffenen sichtbarer macht. Bereits während der Auftaktveranstaltung erklärten erste Teilnehmende, dass sie sich aktiv in die Gründung einbringen möchten. Ein erster gemeinsamer Termin zur Besprechung der weiteren Schritte ist in Vorbereitung.

Gemeinsames Ziel: Sichtbarkeit und Unterstützung Sozialdezernentin Iris Bothe betonte: „Unser Ziel ist es, dass Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen in Wolfsburg sichtbar, gehört und unterstützt werden – mitten in unserer Stadtgesellschaft. Ich wünsche mir, dass aus dieser Aktionswoche eine Initiative erwächst, die die bestehenden Angebote ergänzt und die Stimme der Betroffenen dauerhaft stärkt.“

Mitmachen ausdrücklich erwünscht

Wer Interesse hat, sich an der Gründung einer Alzheimer-Gesellschaft in Wolfsburg zu beteiligen oder eigene Ideen einzubringen, kann sich direkt an den Senioren- und Pflegestützpunkt wenden: 05361282848 oder per Mail an pflegestuetzpunkt@stadt.wolfsburg.de.

Vielfältiges Programm bis 29. September

Die Aktionswoche läuft noch bis zum 29. September und bietet zahlreiche Veranstaltungen: Fachvorträge, Ausstellungen, kreative Mitmachangebote, Austausch bei Kaffee und Kuchen, ein Demenzparcours, eine Anbieterbörse sowie Schulprojekte. Spezielle Formate richten sich gezielt an pflegende Angehörige.

Das vollständige Programm ist online abrufbar unter: www.wolfsburg.de/wat25.